Entstehung von Bindungs- bzw. Entwicklungstrauma

Wenn wir geboren werden, haben wir einen ausgebildeten Sympathikus und einen unausgebildeten Parasympathikus.

Sympathikus und Parasympathikus sind Teile unseres autonomen Nervensystems. Der Sympathikus dient der Aktivierung. Er bringt uns in Aktion und versetzt uns bei Gefahr in den Kampf- oder Fluchtmodus. Der Parasympathikus ist der Gegenspieler des Sympathikus. Er ist also der Teil der uns entspannt und runter reguliert. Werden wir angegriffen und Kampf oder Flucht ist nicht möglich, löst er die Erstarrung bzw. den Totstellreflex aus.

Da wir also als Baby keinen ausgebildeten Parasympathikus haben, heißt das, dass wir uns nicht selbst runter regulieren können. Wir können uns zwar selbst hochfahren, aber nicht mehr selbst beruhigen und nach unten regulieren. Wir sind also darauf angewiesen, von außen reguliert zu werden.

Die neuronalen Bahnen zur Regulierung bilden sich im Laufe der Zeit durch Kontakt und Bindung aus. Diese frühen Erfahrungen Bindungs- und Entwicklungserfahrungen prägen unsere Vorstellung davon, was wir von Beziehungen erwarten können. Sie wirken, ohne dass wir uns dessen wirklich bewusst sind auf unser Denken und unser Handeln.

Verhaltensmuster, Erwartungsmuster, Wahrnehmungsmuster, das alles bestimmt unser Sein.

Es gibt verschiedene Gedächtnisformen. Was an dieser Stelle für uns relevant ist, ist das implizite und das explizite Gedächtnis.

Das explizite Gedächtnis ist verantwortlich für alle bewussten Gedächtnisinhalte, also die Gedächtnisinhalte über die berichtet werden kann. Es sind Beschreibungen der Vergangenheit.

Das implizite Gedächtnis speichert Gedächtnisinhalte über Erleben und Erfahrungen, auf die wir mit dem Verstand (und im Gespräch) nicht einfach zugreifen können. Diese Erinnerungen wirken sich auf unsere Erfahrungen und Verhalten aus, ohne dass wir uns dessen bewusst sind. Hier liegen die Muster, die uns unbewusst geprägt haben. Implizite Erinnerungen sind auch immer mit Körperempfindungen und Emotionen verbunden.

Traumatische Erfahrungen werden im Stammhirn gespeichert und wirken im impliziten Gedächtnis. Alles, was mit einer solchen Erfahrung im Zusammenhang steht, wird dort gespeichert. Es ist genau der Teil, der versucht sicherzustellen, dass wir in der Zukunft nicht noch einmal in eine solche Situation geraten.

Im Gespräch oder mit rein kognitiven Ansätzen können wir nicht auf diese Gedächtnisinhalte zugreifen. Jedoch über den Körper ist dies möglich. An dieser Stelle setzt die bindungs- und körperorientierte Traumatherapie an.